Zwischen den Jahren

In den letzten fünf Monaten habe ich selten mehr als zwei Nächte am gleichen Ort verbracht, wie schön ist es da, einfach einmal eine Weile im gleichen Bett zu schlafen. Was macht es da schon, dass das Bett bereits beim Atmen wackelt, sich die Zimmertüre nur mit Gewalt öffnen und schließen lässt und der Wassersprenkler vor der Küche so eingestaubt ist, dass er im Falle eines Feuers ersteinmal eine ordentliche Ladung brennbaren Materials von sich geben würde?

Richtig. Es macht gar nichts. Denn alleine die Tatsache, dass ich diese Feststellungen nicht alleine mache, sondern mit ein paar netten Leuten zusammen, stimmt mich weiterhin fröhlich. Und von denen gibt es hier reichlich. Wegen der Feiertage bleibt ja auch jeder etwas länger und da die Sonne nicht täglich scheint und wenn dann meist auch nicht die ganze Zeit, läuft man sich auf der Suche nach einem trockenen, trotzdem nicht kellerdunklen Sitzplatz auch ständig über den Weg.

In meinem Zimmer riecht es mittlerweile nicht mehr ganz so schlimm nach Jungs, seit das schwedische Bikini-Team mitsamt Freunden und großer Schwester bei mir eingezogen ist. So fühlen sich also sonst alle anderen Nationen, bei der großen Masse deutscher Reisender… schon komisch, wenn eine Nation so dominiert. Und obwohl mir die deutschen Backpacker ja ziemlich auf die Nerven gehen, wenigstens singen sie nicht morgens um halb acht… was mich dann aber doch friedlich stimmt ist, dass sie zumindest das Klischee bestätigen und ABBA-Songs trällern.

Bis die Stadt Sydney selbst einen Eindruck in jedwede Richtung auf mich macht, dauert es einige Tage. Fragt mich nicht warum. Vielleicht ist meine Empfindung dadurch verlangsamt, dass ich weiß, dass ich hier länger bleibe, vielleicht liegt es aber auch daran, dass meine Erwartungen sehr hoch waren, während meine ersten Erkundungen mich nicht direkt vom Hocker hauen. Aber statt enttäuscht zu sein, bleibt einfach eine gewisse Spannung, die dazu führt, dass ich mehr sehen möchte, bevor ich mir wirklich eine Meinung bilde…

Es dauert lange, Bruchstücke an Eindrücken fügen sich zusammen und wie auch in anderen Städten, die ich bisher besucht habe stellt sich die Frage, ob ich mir vorstellen könnte, hier zu leben. So ganz allgemein, rein theoretisch, denn schließlich ist der Plan, Europa näher an diesen Teil der Welt heran zu rücken noch nicht umgesetzt. Die Frage an sich kann ich nicht so richtig verneinen (wobei die Tendenz doch in diese Richtung geht), ich kann sie aber auch lange Zeit nicht klar mit „ja“ beantworten. Zumindest so lange nicht, bis ich in eine Gegend komme, die mir mit ihren kleinen Geschäften, Restaurants und Cafés auf Anhieb gefällt. Ja doch, hier ließe es sich leben… Erinnert mich irgendwie an Berlin… Moment mal…

Der Vergleich hinkt natürlich. Schon alleine deshalb, weil es hier Strände gibt und in Berlin nicht (und jetzt kommt mir nicht mit dem Bundes Presse Strand!). Und auch wenn ich kein großer Freund davon bin, mich den ganzen Tag zu grillen, als wäre ich ein Huhn, so hat das mit dem Meer doch schon etwas… schon alleine, weil die Luft so schön salzig schmeckt. Also manchmal, irgendwie ist das nirgends so stark wie an der Ostsee. Hatte ich mich darüber eigentlich schon ausgelassen, dass das Meer im Rest der Welt gar nicht so stark riecht, wie ich es bisher kannte? Wenn nicht, stellt euch einfach vor, dass ich da eine halbe Seite drüber philosophiere. Das spart uns jetzt allen ein wenig Zeit.

Außerdem ist Strand natürlich nur schön, wenn das Wetter stimmt und wenn ihr mich fragt, ist das mit dem heißen, sonnigen Australien genauso ein Gerücht, wie mit dem regnerischen England. Vielleicht provoziere ich aber auch einfach nur gegensätzliches Wetter (sorry, Queensland). Schließlich habe ich bisher auch noch von niemandem gehört, der sich über den ständigen Regen auf Hawaii geärgert hat…

Die wenigen Sonnentage zwischen den Jahren gilt es daher zu nutzen und so mache ich mich mit Nadine (die dritte und damit letzte Deutsche im Hostel) auf, um ein wenig an der Küste entlang zu wandern. Zehn Kilometer, Start ist Manly Beach und es sieht nicht so aus, als müssten wir bergauf laufen… Klingt nach einem Spaziergang und ist es auch. Abgesehen davon, dass wir uns zwischenzeitlich in einem Viertel verlaufen, in dem offensichtlich die Oberschicht der Stadt wohnt, ist die Strecke nicht sonderlich aufregend (keine Balance-Akte, keine Flussüberquerungen… wozu trage ich überhaupt meine hässlichen Wanderschuhe?).

Die Aussichten, die wir genießen, sind allerdings trotzdem sehr schön, Belohnung ohne etwas dafür getan zu haben… das hat ja auch was… so einfach war das ja noch nie.

Das Wasser unglaublich blau, die kleinen Strände erstaunlich gut besucht (wenn auch nicht überfüllt) und überhaupt… der Weg ist es Wert gegangen zu werden und die Sonne scheint ja auch grad’ so schön… da muss man ja auch draußen spielen.

Mit dem Bus geht’s dann wieder zurück zum Manly Beach, wo es mittlerweile leider zu kalt zum Sonnen und erst recht zum Baden ist. Nur zur Erinnerung, ich bin nach wie vor im australischen Sommer. Schade eigentlich, aber was soll’s der Strand ist auch so sehenswert.

Was an dem „Manly Beach“ besonders männlich sein soll ist mir allerdings schleierhaft, denn gutgebaute Männer mit wenig Bekleidung gibt es in diesem Land schließlich überall… Aber vielleicht bezieht sich das auch auf etwas anderes… Hmmm das habe ich dann wohl nicht bemerkt, war offensichtlich abgelenkt…

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