New Orleans, 02.-03.09.2010

Ich habe mir in den Kopf gesetzt, meinen 30. Geburtstag am Grand Canyon zu verbringen, was dazu führt, dass ich mich jetzt ein Wenig beeilen muss. Für New Orleans bleibt mir daher nicht viel Zeit.

Nur eine Übernachtung, aber 1,5 Tage sollten für einen ersten Eindruck reichen. Und so ist es auch, allerdings ist dieser nicht besonders gut.

Schon nach kurzer Zeit geht es mir tierisch auf die Nerven, ständig als „Lady, Honey, Sweety, Darling oder Sweetheart“ angesprochen zu werden. Und zwar nicht nur im Gespräch, sondern auch wenn man einfach nur die Straße langläuft. Ich lasse mich ja ohnehin nur ungern ansprechen und in Key West wurde ich auch sofort als Deutsche identifiziert, weil ich nicht darauf eingegangen bin, was am Straßenrand so gequatscht wird. Aber so offensichtlich ständig im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit sämtlicher am Straßenrand stehenden Männer zu stehen, bringt doch wohl hoffentlich noch andere Menschen zur Weißglut, oder? Das kann doch kein rein deutsches Ding sein! Muss denn alles an mir kommentiert werden? „I like your haircut, Sweety!“ „Lady, where are you going!“ „That’s a heavy backback, Honey!“ Irgendwann zähle ich von drei rückwärts, wenn ich an irgendwem vorbei laufe und warte auf einen Kommentar. Manchmal ist es nur ein „How are you doing, Darling?“ aber unkommentiert komme ich hier an niemandem vorbei.

Wie immer zieht es mich erst einmal in Richtung Wasser. Ich mag doppelte Buchstaben, also will ich natürlich auch den Mississippi sehen. Aber die Ecke, die ich zuerst sehe ist irgendwie stickig und industriell. Also mache ich mich auf in das vielbeschworene „French Quarter“ und lande in einer Straße, die zwar ganz nett aussieht, aber die Menschen, die hier herumlaufen sind doch irgendwie zwielichtig. Das soll die Touri-Ecke sein, in der man sich ohne weiteres Tag und Nacht aufhalten kann? Ich biege in die nächste Straße ein. „Bourbon Street“, die Party-Meile schlechthin. Aber was ich dort sehe ist der nachmittägliche Eindruck von einem Sexshop, der sich an den anderen reiht und ich beschließe, dass dieses „French Quarter“ vielleicht doch nicht so mein Ding ist und mache mich auf in Richtung „Arts & Museum“-Viertel.

Die Ecke ist auch gleich viel weniger zwielichtig, könnte aber auch daran liegen, dass es dort einfach gar keine Menschen gibt. Auch irgendwie unheimlich. Ich spiele kurz mit dem Gedanken, mir im „World War II Museum“ mal anzusehen, wie die Amerikaner diesen Krieg wohl so sehen, entscheide mich dann aber doch, dass Museum zum Hurricane Cathrina zu suchen. Gesucht habe ich es auch. Gefunden allerdings nicht und da es in dieser Ecke leider keine Menschen gibt, konnte ich auch niemanden fragen.

Also gebe ich dem „French Quarter“ eine weitere Chance und tatsächlich: es ist schön. Wundervolle Häuser mit zauberhaften Balkonen, irgendwie eine andere Welt. Und es gibt tatsächlich an jeder Straßenecke Musik. Da sich hier ohnehin ein Touri-Geschäft an das andere reiht, erscheint mir die Gelegenheit günstig, mir ein langärmliges Oberteil für meine Muli-Tour zu kaufen. Für einen Pulli ist es zu warm und kurze Ärmel sollte man wegen der Dehydrierung vermeiden. Hat jemand von euch schonmal versucht, Anfang September etwas Langärmliges in New Orleans zu kaufen? Keine gute Idee. Und etwas zu finden, was nicht im „Ed Hardy“-Style ist, ist vollkommen aussichtslos. Ich finde schließlich etwas, das den fiesen, bunten Glitzerdruck nur auf dem Rücken hat. So muss ich es wenigstens selbst nicht sehen. Aus den Augen, aus dem Sinn.

Damit habe ich auch genug getan und fahre mit den lustigen Cabel Cars (die würde ich als historisch aufgemachte Kurzsstraßenbahn bezeichnen) wieder zum Hostel. Von dieser Stadt hatte ich mir wirklich mehr erwartet. Vielleicht liegt es daran, dass ich anfänglich nicht ganz die richtigen Ecken entdeckt habe, aber der Funke springt irgendwie nicht über.

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