Neuseeland – Mein Resümee

Es ist Heiligabend, kurz nach halb zwölf. Normalerweise schmücke ich um diese Zeit entweder mit meiner Mutter den Weihnachtsbaum oder ich genieße, in einen dicken Wintermantel gehüllt, mit meinem Vater das „Last Minute“-Shopping im winterlich gemütlichen Herborn.

In diesem Jahr allerdings sitze ich im T-Shirt am Flughafen und warte auf meinen Flug nach Sydney. Trotz all der Menschen mit Weihnachtsmann-Hüten und dem ein oder anderen zaghaften „Merry Christmas“ kommt bei mir allerdings keinerlei Weihnachtsstimmung auf. Wie auch, so mitten im Sommer?

Es ist schon faszinierend, wie wir bestimmte Festtage mit Jahreszeiten etc. assoziieren. Das sitzt einfach tiefer im Hirn, als jeder rationale Gedanke. Vor ca. zwei Wochen höre ich „Stille Nacht“ im Radio und denke mir nur: „Diese Kiwis sind doch bekloppt! Die spielen sogar im Sommer Weihnachtslieder!“ Abgesehen davon, dass es ihnen wirklich zuzutrauen wäre, hat es bei mir tatsächlich einigen Knatterns in den Gehirnwindungen bedurft (ist das wirklich ein Verb?), bis mir klar wurde, dass Dezember und Weihnachtslieder doch ganz gut zusammen passen… ob ich allerdings jemals das schlechte Gewissen loswerde, wenn ich im Dezember Erdbeeren essen, ist fraglich.

Nun ist sie also vorbei, meine Zeit in Neuseeland. Und ich gehe rundum mit einem guten Gefühl. Dieser Teil der Reise ist wunderbar abgeschlossen, da ich irrsinnig viel gesehen und erlebt habe. Es gibt kein „Ich muss unbedingt wieder kommen, um dies oder das noch zu sehen.“ Trotzdem ist es ganz bestimmt kein Land, in dass ich nie wieder einen Fuß setzen möchte… Nein, ich wurde mit offenen Armen empfangen und jetzt wieder mit einer freundlichen Geste losgelassen und in die Welt geschickt. Bis zum nächsten Mal oder auch nicht. Wer weiß.

Egal, wie es ist, es ist gut so. Zu allem Überfluss wurden mir am Ende noch einmal im Bus oder zufällig auf der Straße all meine Mitreisenden, mit denen ich viel Zeit verbracht habe, oder die ich einfach nur nett fand, vor die Nase gesetzt, so dass ich mich ordentlich verabschieden konnte… Perfekt. Hier wird auch wirklich an alles gedacht. Als wäre das ganze Land nur zu meinem Vergnügen erschaffen und mit allem ausgestattet worden, das ich zum wohlfühlen brauche.

Da ich mit Stray unterwegs war, betrachte ich dieses Land natürlich von einer ganz anderen Perspektive, als Nordamerika. Die Seite der öffentlichen Verkehrsmittel fehlt mir (bis auf eine Ausnahme), aber mir scheint, als wäre dies hier ohnehin nicht ganz so spannend…

Neuseeland hat gehalten, was es mir am ersten Tag mit „Let me entertain you!“ versprochen hat. Nie hätte ich gedacht, dass Reisen irgendwo so einfach sein könnte (und es hat mich in Amerika schon erstaunt, wie leicht es alleine durch ein gewisses Sprachverständnis wird), aber dieses Land scheint einzig und allein für Backpacker gemacht zu sein, über nichts muss man sich Gedanken machen, alles ist einfach und leicht zu organisieren. Gar kein schlechter Schachzug, denn so bleibt genug Abenteuerlust für sämtliche Aktivitäten, die einem hier angeboten werden. Die Touristen-Horden halten einen zwar davon ab, das „wirkliche“ Neuseeland kennenzulernen, aber gleichzeitig wird einem der Eindruck vermittelt, dass genau das das echte Neuseeland ist. Die Kiwis, die ich kennengelernt habe, heißen die Backpacker mit der gleichen Selbstverständlichkeit willkommen, mit der sie selbst die Welt bereisen. Und das durch alle Altersklassen!

Trotz all der Aktivität ist Neuseeland ein Land der Ruhe. Vielleicht liegt es an den endlosen Landschaften, die einem den Atem rauben, egal wo man hin sieht. All die Seen, Wälder, Strände, Felsen, Berge und grünen Wiesen mit Schafen und Kühen, die so unfassbar glücklich aussehen, dass ich kurz darüber nachgedacht habe, ob ich so entspannte Tiere nicht auch essen möchte. Es könnte aber auch daran liegen, dass es hier einfach keine Hektik zu geben scheint. Fern von jeglicher nervraubenden Coolness oder Behäbigkeit, ist hier einfach niemand im Stress. Nicht einmal zwei Tage vor Weihnachten in der Einkaufsstraße in Auckland oder am Flughafen.

Es ist kein Wunder, dass die Herr der Ringe Trilogie in diesem Land gefilmt wurde. Nicht nur wegen der unglaublichen Szenerie, sondern auch, weil man die Menschen hier wirklich mit Hobbits vergleichen muss. Relativ klein, irrsinnig freundlich, gut gelaunt, sie lachen gerne und legen Wert auf gute Kekse.

Es ist unfassbar, wie schön ein gesamtes Land sein kann. Hier kann man Meer und Berge gleichzeitig im Blick haben, es gibt Seen und Flüsse in unbeschreiblichen Farben und obwohl es ein kleines Land ist, eine unglaubliche Weite. Auch, wenn mich keine Aussicht so berührt hat, wie der Grand Canyon, so gibt es hier einfach nichts, was mich nicht dazu gebracht hat, einen kurzen Moment mit offenem Mund innezuhalten.

Manchmal frage ich mich, ob ich in den letzten Wochen überhaupt durch die Nase geatmet habe…

3 Responses to Neuseeland – Mein Resümee

  1. Maike says:

    ÖPNV in NZ? Wo sollte der einen denn hin bringen? ;-)

    Die Aucklander wollten mal unbedingt ne U-Bahn haben. Die Regierung hat eine Weile gebraucht um allen Einwohnern zu erklären, dass das ob der ganzen tektonischen Aktivität ja vielleicht nur so ne mittel-coole Lösung wäre. Gleiches gilt im Übrigen für AKWs. Aber 1-Euro-Jobs und elektrische Verkehrsleitsysteme sind weiterhin im Rennen!

  2. Maike says:

    Ich seh grad, deine Seite läuft auf englischer Zeit. Was ein Schreck. Kurz dachte ich, dass dieser verfluchte Montag tatsächlich ne Stunde länger ist als die anderen…

    • Anna says:

      Zeitzonen sind Schall und Rauch. Vollkommen überbewertet ;-) Außerdem sollte man sich wirklich einen anderen Tag, als ausgerechnet Montag aussuchen, um ihn zu verlängern. Kein Wunder, dass die Zeitumstellung immer samstags ist.

Hinterlasse einen Kommentar zu Maike Antworten abbrechen

Benutze deinen richtigen Namen. Ich veröffentliche keinen Keyword Spam.

*