Juneau, 24.-26.09.2010

Es geht weiter nach Juneau. Hauptstadt von Alaska. Warum auch immer.

Neben Skagway und Ketchikan ist Juneau eine der Touristenhochburgen, hat aber sonst nichts städtisches. Täglich legen hier mehrere Kreuzfahrtschiffe an, teilweise mit Kapazitäten von bis zu 40 000 Passagieren (hab ich auch nicht geglaubt, aber dann habe ich die offiziellen Infos des Tourismusbüros gesehen). Letztere werden dann an Land geschwemmt, strömen in die zahlreichen Geschäfte, in denen es Pelze, T-Shirts, Diamanten und allerhand Nippes gibt und werden dann irgendwann wieder von den riesigen Schiffen verschlungen und verschwinden hinaus aufs Meer. So stelle ich mir das zumindest vor.

Als ich in Juneau ankomme, ist die Saison vorbei und die Stadt bereitet sich auf den Winterschlaf vor. Das bedeutet nicht nur, dass die Straßen ausgestorben sind, sondern auch, dass die Geschäfte schließen. Außerdem starrt mich ein Berg an. War ja klar, dass das irgendwann passiert. Dieser wirkt unglaublich böse und hat sich außerdem eine Wolkenmütze aufgesetzt. Ich erwische mich dabei, wie ich mich immer wieder hektisch umschaue, um zu sehen, ob er mich verfolgt.

Wieder einmal kommt es mir so vor, als könnte ich hinter die Kulissen einer Touristenattraktion blicken, als ich bei strömendem Regen nahezu alleine durch eine geschlossene Einkaufsstraße laufe. Gerade habe ich das Gefühl der letzte Tourist in dieser Stadt zu sein, als ich um die Ecke biege und die beiden Schweizerinnen von der Fähre wiedertreffe. Die zwei hatten gerade einen ähnlichen Gedanken und so war die Freude über das Wiedersehen umso größer. Die Welt ist so klein. Und da ich am Abend ohnehin eine der Amerikanerinnen von der Fähre treffen möchte, passt das natürlich. Man sollte nie die Gemeinschaft auf einer Fähre unterschätzen.

Wir wollen herausfinden, ob es um diese Jahreszeit noch irgendwie möglich ist, zum „Glacier Bay“ zu kommen, aber da keines der zahlreichen Münztelefone funktioniert, gehen wir schließlich in ein Café mit Wi-Fi. Telefonieren funktioniert zwar auch hier nicht, aber als wir uns so auf deutsch unterhalten, spricht uns irgendwann ein Mädel an. Sie ist aus Juneau und freut sich einfach nur, deutsch zu hören. Wir unterhalten uns kurz und es stellt sich heraus, dass sie Austauschschülerin am Johanneum war. Das verkleinert die Welt erneut und steht nun ganz oben auf meiner Liste der Zufälle.

Da ich etwas bei den Fähr-Zeiten falsch verstanden habe und das Hostel komische Öffnungszeiten hat, habe ich für die erste Nacht in Juneau ein Zimmer in einem Motel gebucht. Finanziell doch keine so schlechte Entscheidung, denn der Fährhafen ist 40 Dollar mit dem Taxi von der Innenstadt entfernt und Busse fahren abends nicht. Mein Motel aber hat einen kostenfreien Shuttledienst. Manchmal muss man einfach Glück haben. Und außerdem bringt mir diese Entscheidung eine Nacht lang absoluten Luxus. Ein riesiges Bett, so hoch, dass ich mit den Füßen nicht auf den Boden komme, einen Fernseher und ein Bad, ganz für mich alleine. Bevor ich es gesehen habe, war mir gar nicht bewusst, wie schön das sein kann. Selten habe ich eine Dusche so genossen…

Für die nächsten beiden Nächte ziehe ich dann aber doch ins Hostel um und wenn ich schonmal mit Gepäck durch den Regen laufe, da nehme ich doch auch gleich einen Umweg… ich Pappnase. Aber so kann ich mich umso mehr freuen, als ich endlich ankomme. Das Hostel ist billig, dafür muss man täglich eine kleine Aufgabe verrichten. So staubsauge ich den Gemeinschaftsraum und putze ein Schuhregal. Ja, ich bin mir vollkommen darüber bewusst, dass es seltsam klingt, aber nachdem ich 2 Monate lang keinen Handschlag getan habe, fühlt sich das Putzen eines Schuhregals unheimlich produktiv an… nahezu ein Glücksgefühl.

Kein Glück habe ich hingegen mit dem Wetter in Juneau. Wer ein Jahr lang Urlaub macht, sollte sich aber nicht über ein oder zwei Regentage ärgern und so nutze ich die Zeit, meine Reiseberichte aufzuholen. Im Café sitze ich mit dem Rücken zu dem bösen Berg und fühle mich beobachtet. Irgendwann kommt ein Alaskaner/Alaskinenser/Alaskit herein, den ich schon von der Fähre kenne (ja…. Juneau ist klein) und erklärt mir, dass das der „Mount Juneau“ ist. Dort kann man gut wandern gehen, dauert auch nicht zu lange, aber dafür sind dort schon diverse Leute gestorben. Sag ich doch. Der Berg ist böse.

Ein Ausflug muss aber trotz des schlechten Wetters sein und ich will auch endlich einmal einen Gletscher sehen. Wofür bin ich sonst in Alaska? Also fahre ich mit einem Amerikaner aus dem Hostel zum Gletscher, oder zumindest so weit, wie uns der Bus führt. Dann noch ca. 30 Minuten laufen und wir können ihn sehen. Mein erster Gedanke: „Der ist aber dreckig. Wir sind doch in Amerika, warum putzt den denn keiner?“ Natürlich ist das vollkommener Unfug, aber mich würde hier ja ohnehin gar nichts mehr wundern.

Als ich mich später im Hostel mit einem Mädel unterhalte, dass für den „Forest Service“ arbeitet, erzählt sie mir, dass sich tatsächlich schon einige Touristen beschwert haben. Aber Gletscher putzen ginge zu weit. Stattdessen hat sie den ganzen Tag damit verbracht Moos auf Steine zu legen. Beim Räumen und Arbeiten wurde das von den Steinen gekratzt und damit es wieder schön aussieht, kam ein großer Laster mit Moos. Ach ja: Felsen anmalen kommt auch hin und wieder vor, wenn etwas abgeplatzt ist oder so… Schon klar… dann will ich auch nen sauberen Gletscher… diese Amerikaner sind schon komisch, ich fasse also zu recht sämtliche Steine an!

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