Alaska: Inside Passages, 17.-20.09.2010

Knapp zwei Wochen Alaska liegen vor mir. In jedem Fall eines der vielen Highlights meiner Reise. An so vielen Orten habe ich mich beeilt, damit ich es noch schaffe, im September nach Alaska zu kommen. Das zählt noch als Sommer, danach ist es kalt, die Fähren fahren nur noch selten und viele Unterkünfte schließen.

Und auch jetzt ist es an manchen Orten nicht mehr so einfach, etwas zu finden. Nicht, weil es viele Reisende gibt, sondern im Gegenteil, weil einige Hotelbesitzer im Urlaub sind, den Winter bereits eingeläutet haben etc. Ich freue mich auf das was mich erwartet, ohne genau zu wissen, was es sein wird und ich freue mich darauf, dem Sommer doch für ein paar Tage zu entfliehen. Mit er Fähre geht es zunächst durch die Inside Passagen nach Haines und man merkt, dass die Saison zu Ende geht. Nur wenige besteigen das Schiff mit mir und am Fährhafen habe ich kurz Angst, die ca. 66 stündige Fahrt alleine mit einer Gruppe Rentner erleben zu dürfen. Noch bevor es losgeht, werde ich von einer alten Dame adoptiert, die mich und meine Reise total spannend findet und das auch noch, nachdem ich ihr erkläre, dass ich nicht die Autorin von „Eat, pray, love“ bin. Sie und ihre Freunde haben sich für eine wirkliche Kreuzfahrt mit der Fähre entschieden. Einfach nur bis nach Haines und zurück, ohne Aufenthalte, nur mit Landgängen.

Irgendwann, schon nachdem der Polizeihund unsere Taschen und Koffer nach Drogen untersucht hat, kommen zwei Schweizerinnen, die das Durchschnittsalter erheblich senken. An Bord sammeln sich dann doch noch ein paar andere junge Leute auf Deck an. Hier kann man nämlich zelten, oder auf Sonnenliegen unter einem kleinen Dach schlafen, das geheizt wird und wohl meine Unterkunft für die nächsten Tage sein wird. Natürlich kann man auch Kabinen mieten, aber die hätten meinen Fahrtpreis verdoppelt. Das hab ich nun wirklich nicht eingesehen. Die beiden Schweizerinnen hatten sich dazu entschieden, blicken aber schon sehr neidisch, als sich langsam eine kleine Zeltstadt auf dem Oberdeck bildet. Ihr glaubt gar nicht, was für einen Spaß man haben kann, wenn man andere Menschen beim Zelte aufbauen beobachtet. Päärchen, bei denen man genau sieht, dass er die Idee auf Deck zu zelten total gut findet und sie… eher nicht. Zwei Mädels, die sich erst bei etwas mehr Wind dazu entscheiden, ihr Zelt zu sichern, ein einzelner Typ, der so lustig mit der Zeltplane gekämpft hat, dass wir ihm dann später doch geholfen haben, als er in eine etwas windstillere Ecke umgesiedelt ist und ein absoluter Fähr-Zelt-Profi, der sich die ruhigste Stelle suchte, kleine Schnüre an die Zeltstangen band und diese dann mit ordentlich Gaffa-Tape fixierte.

Für die Variante auf den Sonneliegen unter dem überdachten Teil des Decks entschieden sich außer mir nur diverse Männer, die vermutlich hauptberuflich zur See fahren und eine Frau, die mit hoher Wahrscheinlichkeit früher einmal ein Mann war (oder zumindest eine Russische Geheimagentin) und noch vor Einbruch der Dunkelheit doch unter Deck Unterschlupf sucht. Ich frage mich, ob ich nicht vielleicht die falsche Zielgruppe für diese Schlafgelegenheit bin und daher eventuell auch nach drinnen umziehen sollte. Da ist es aber nicht so bequem und ich werde nicht als erstes (naja, zweites, nachdem ich meine Brille angezogen habe) die wunderbare Aussicht genießen können… umziehen kann ich ja immer noch. Platz genug ist ja… und so entscheide ich mich für die Outdoorvariante.

Und die Entscheidung war gut. Nur einer meiner Nachbarn hat geschnarcht, die Heizstrahler haben mich relativ warm gehalten und ziemlich früh „auf hoher See“ wachzuwerden und diese unglaubliche Natur zu beobachten hat schon eine ganz besondere… ich bin fast dazu geneigt zu sagen: Romantik.

Nach zwei Nächten, als es stetig kälter wird und die ersten Gletscher in Sicht sind, beschließe dann aber doch, genug romantische Erfahrungen auf dieser Fähre gesammelt haben und schlafe in der dritten Nacht lieber drin.

Die Tage auf der Fähre haben schon ihre ganz eigene Dynamik. Man wird früh wach, geht früh ist Bett und zwischendrin lebt man von Mahlzeit zu Mahlzeit.

Die Landschaft ist so unglaublich schön, so dass man Stunden damit verbringen kann einfach nur zu schauen, wie sie sich verändert. Hin und wieder sieht man Wale, die munter durch die Gegend springen – ich Depp hab in Tadoussac 45 Dollar für’s Whale Watching bezahlt. Wäre ich ein Wal, so wäre Alaska vermutlich meine Wahlheimat. So schön, wie es hier überall aussieht. Ich fotografiere wie eine Wilde, aber das was ich sehe und wie ich es sehe, lässt sich einfach nicht auf SD-Karte bannen. Wir haben riesiges Glück mit dem Wetter. Die Sonne scheint und zumindest die Einheimischen tragen T-Shirt und kurze Hose. Ich fürchte mich einfach nur davor zugeben zu müssen, mir ausgerechnet in Alaska einen Sonnenbrand geholt zu haben.

Da die größten Touristenströhme abgeebbt sind, ist die Anzahl der Passagiere überschaubar und so kommt man außerdem leicht ins Gespräch.

Der vermeintliche Fähr-Zelt-Profi macht das tatsächlich nicht zum ersten Mal. Er will nach Alaska zum Fischen. Weniger aus Interesse am Fisch, als wegen der Entspannung. Alle paar Stunden freut er sich auf den „Car Deck Call“, denn dann ist es den Passagieren für ein paar Minuten erlaubt, zu ihren Fahrzeugen zu gehen und die unglaubliche Menge an Hunden (und wie ich bemerke auch Katzen) zu füttern und zwischen den Autos „Gassi“ zu führen. Sieht sehr lustig aus.

Ich treffe zwei weitere Schweizer (sagt mal: ist das Land gerade komplett leer?), die mit dem Landrover auf einer Panamerika-Tour sind. Ein Jahr vom Süden in den Norden. Zwei Monate haben sie noch vor sich. Außerdem drei Amerikanerinnen. Eine zieht für ein Praktikum nach Juneau, eine hat mal in Alaska gelebt und eine ist Alaskanerin/Alaskino/Alaskinenser oder wie auch immer man das nennt. Letztere hat einen alten VW-Bus gekauft, der nun von Bellingham nach Haines überführt werden soll. Von dort aus will sie, zusammen mit ihrer Freundin das Auto nach Anchorage bringen. Dort wird es bleiben, denn zu dem Ort in dem sie lebt (die Region wird liebevoll die Achselhöhle Alaskas genannt) gibt es keine Straßen.

Sie reist gerne, aber ihren Freund hat sie nur ein paarmal mitgeschleppt. Er mag reisen nicht so gerne, er mag lieber „Alaskan stuff“ (Dinge, die man so in Alaska tut). Ich frage, was das ist und sie sagt: „Jagen, Waffen und Fischen“. Das sind noch echte Männer. Nicht umsonst sagt man hier wohl zu Frauen, die einen Mann finden möchten: „Your odds are good, but your goods are odd!“ („Deine Chancen sind gut, aber was du bekommst ist seltsam!“

Von Haines bis Anchorage sind es ca. 1000 Meilen, was eine nicht unwesentlich größere Vorbereitung, Nahrungs- und Benzinvorräte und gute Tipps gegen Bären bedarf, als die gleiche Strecke in Europa. Ich überlege kurz, ob ich meine Pläne über den Haufen werfen und die Mädels begleiten soll, aber wir sind und nach kurzer Debatte recht schnell einig, dass ein Flug zurück die einzige Möglichkeit und gleichzeitig unverhältnismäßig teuer sein würde. Abgesehen davon, dass wir auf dem Schiff keine Chance haben, es herauszufinden. So werde ich auf meiner Reise leider nur die Inside Passagen kennenlernen.

One Response to Alaska: Inside Passages, 17.-20.09.2010

  1. Katharina says:

    Liebe Anna,

    vielen Dank für Deine wunderbare Seite!

    Es ist so schön, Dich strahlend gutgelaunt und braungebraunt wieder zu sehen.

    Ich freu mich schon auf neue Berichte, hoffe aber trotzdem, dass Du weiterhin Dein virtuelles Leben vernachlässigen wirst. :-)

    Liebe Grüsse,
    Katharina

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