Abel Tasman, 19.-21.11.2010

Beim Warten auf die Fähre treffen wir dann auch Jessica, die Amerikanerin, wieder und im Bus sitzt Catherine, Kanadierin. Im Hostel sind dann (wie verabredet) die beiden Engländerinnen Helen und Laura und außerdem überraschenderweise auch die gesamte Meute Holländer und Deutsche, so dass unser erster Bus wieder fast komplett ist. Ihr glaubt gar nicht, wie man sich nach fast vier Monaten darüber freut, Menschen zu begegnen, mit denen man nicht die klassische „Wie heißt du? Wo kommst du her? Wie lange bleibst du hier? Warst du schon in Australien oder fliegst du noch hin?“-Unterhaltung führen muss.

Zeitgleich mit Ankunft am Abel Tasman National Park, lernen wir das bisher einzig Negative (abgesehen von den Preisen für Internet) an Neuseeland kennen: Sandflies. Und ich weiß, dass einige von euch sie kennen, hassen und ihre Spuren auch Jahre später noch mit sich herumtragen. Elendige Mistviecher, die hoffentlich Nahrung für irgendetwas unglaublich Schönes sind, sonst möchte ich ihnen hiermit jegliche Daseinsberechtigung absprechen.

Die gute deutsche Stechmücke mag mich ja nicht besonders. Das wiederum stört mich nicht, weshalb auch ich sie in Ruhe lasse. Die neuseeländische Sandfliege (das klingt ja noch viel dümmlicher) jedoch beißt auch mich. Sie sieht harmlos aus, klein, schwarz und man denkt sich noch: „Bist du vielleicht eine von diesen…!“ und schon beißt einen das Drecksding. Im Allgemeinen stirbt es danach den Tot durch Hand, Buch oder Badelatschen. Im Folgenden muss man ca. ein bis zwei Tage dem Juckreiz widerstehen, denn aufgekratzt wird alles noch schlimmer.

Danke dafür, dass sich die Tierchen auch gerne mal Stellen suchen, an denen Socken und Schuhe den Kratz-Job übernehmen. Da hilft dann auch keine Selbstbeherrschung mehr. Aber selbst, wenn man nicht kratzt, bekommt man wunderhübsche rote Hubbel auf der Haut, die bei mir ca. 3 Wochen brauchen, bis sie wieder verschwinden und bei Anderen auch nicht schneller verblassen. Wenn ihr also in Neuseeland jemanden seht und denkt, er oder sie hätte eine eklige Hautkrankheit, oder zumindest die Windpocken: vermutlich einfach nur Sandfly-Bites.

Mir persönlich wird anhand der Bisse die Relativität von Zeit wieder einmal bewusst: Am ersten Abend in Abel Tasman gesellt sich Lucy zu unserer Runde. Nach einiger Zeit munteren Geplauders eröffnet sie uns, dass sie ersteinmal ein Glas Wein und dann all ihren Mut brauchte, um sich auf uns zuzubewegen. Bisher fiel ihr das immer so schwer. Lustigerweise war unser aller Gedanke: „Wow, die geht mal eben auf eine Gruppe Leute zu, die sich offensichtlich bereits ganz gut kennt! Die hat ja gar keine Kontaktschwierigkeiten.“ Da haben wir es wieder: Irgendwie geht es allen ähnlich und es stört wirklich keinen, wenn man einfach hingeht. Was das mit den netten Sandfliegen zu tun hat? Lucy und die ersten Sandfly-Bites fielen auf den gleichen Tag und wie wir so weiterreisen und in unserer kleinen, sich immer mal neu und wiederformierenden Gruppe unterhalten, kommt es einem irgendwann so vor, als würde man sich schon ewig kennen. Wir teilen in kurzer Zeit so viele Geschichten, erleben so viel, sehen unglaublich schöne Dinge, so als würden Wochen und Monate vergehen. Gleichzeitig verschwinden in diesem Zeitraum nicht einmal die blöden Sandfly-Bisse.

Um den Abel Tasman National Park zu erkunden, haben wir nur einen Tag, also entscheide ich mich diesen halb auf einem Segelboot und halb in meinen Wanderschuhen zu verbringen. Aus dem Segeln wird dann leider Motorbootfahren, da der Wind an diesem Tag einfach keine Lust hatte, für Antrieb zu sorgen. Die zweite Tageshälfte ist dann aber umso schöner, ein netter Bush-Spaziergang mit nur wenigen Bergen. Wiedereinmal in einer ganz anderen Landschaft, die ich jetzt der Einfachheit halber mal als extrem ursprünglich wirkendes Grünzeug beschreibe. Wiedereinmal ist einfach alles, was wir sehen so unheimlich schön. Wer auch immer sich dieses Neuseeland ausgedacht hat, hatte wirklich einen Sinn für Ästhetik und für Details.

Hinterlasse eine Antwort

Benutze deinen richtigen Namen. Ich veröffentliche keinen Keyword Spam.

*